Xontormia Express 0467

Aus Eressea
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          Erschienen in der zweiten Woche des Monats Eiswind
          im Jahre 11 des zweiten Zeitalters. Es ist Winter.


Kurzmeldung
Botschafterabzug der Schattenkatzen des Grauens

Ärger im Revier
Wachbericht von Biredon, Hauptmann der Wache

Wissenschaft & Technik
Chiseward, Freiherr von Keksberg, schreibt über die "Streitkultur der Sidininer".


Viele Grüsse, die XE-Redaktion

Bitte beachte das Einreichverfahren.

Die Redaktion behält sich redaktionelle Änderungen vor.



11.Welt

Botschafterabzug wird vorbereitet

von Kilrathi, Exekutiv-Ratsmitglied des Estiralrates der Schattenkatzen des Grauens

Anschlag in den Strassen von Kilrah

Botschafter der Schattenkatzen werden in Kilrah zurueckerwartet. Der Estiralrat hat beschlossen seine Botschafter aus den Imperiumsgebieten abzuziehen. Entsprechende Vorbereitungen werden getroffen.
Freiwillige Segler gesucht! Dreifache Standard-Besoldung. Interessenten melden sich bitte in der Kommandantur von Kilrah.
Abreise erste Woche des Monats Eiswind im Jahre 11


12.Welt

Vermisstenmeldung Cassandra Merlion

von Biredon, Hauptmann der Wache

Cassandra Merlion, Gründerin und Führerin des Legats der Mystra, wird seit dem fünften Tag der ersten Woche des Monats Eiswind im Jahre 11 vermisst. Laut Aussage der Magd Ysharisil befand sich diese den ganzen Abend in ihrem Arbeitszimmer im Turm der großen Bibliothek. Mehrere Zeugen berichten, dass kurz nach Mitternacht die Region für mehrere Sekunden durch eine blaue Lichtkugel, die ihr Zentrum im Turm der Bibliothek hatte, taghell erleuchtet wurde. Nachdem die Lichtkugel verloschen war, war der Turm verschwunden. Erste Untersuchungen ergaben, dass es sich keinesfalls um eine Explosion oder einen Einsturz handeln kann, da die Steine im Treppenhaus sauber durchtrennt wurden und nirgends Schutt gefunden wurde. Die sofort eingeleitete Suche nach Cassandra Merlion lieferte keine Erkenntnisse.

Die aufgenommenen Zeugenaussagen liegen bei.


Ysharisil, Magd: "Ich habe ihr am späten Abend noch einen Krug Wein und einige Früchte gebracht. Sie war schon seit dem Vormittag in Ihrem Arbeitszimmer. Was sie gemacht hat? Ich weiß es nicht, sie war in einen Berg von Büchern vertieft. Mein Gott, wenn ich gewusst hätte, dass es hier so gefährlich ist! Ich glaube, ich suche mir lieber eine andere Stelle, wer weiß was hier noch alles passiert."

Glénd, Schüler von Cassandra Merlion: "Ich weiß nicht, wo sie ist. Sie ist bestimmt tot! Kurz vor Mitternacht war ich noch bei ihr. Mein Gott, es hätte genauso gut mich treffen können. Ich hätte besser auf meine Mutter hören sollen. Die hat schon immer gesagt 'Bub, lass die Finger davon, dafür taugst du nicht.' Ich haue jetzt ab. Nächstes Mal komme ich bestimmt nicht mehr so glimpflich davon."

Cithrambor, Burgenbauer: "Eindeutig kein normaler Einsturz. Auch keine Explosion oder derartiges. Magie? Möglich. Ich halte es sogar für wahrscheinlich. Eigentlich wundert mich eher, dass es nicht schon viel früher passiert ist. Wissen Sie eigentlich, wie viele Jahre ich in die Planung der Bibliothek gesteckt habe? Und nun ist dieses architektonische Meisterwerk mit einem Mal zerstört worden. Frechheit! Ich werde noch heute kündigen. Irgendwo wird man meine Arbeit auf jeden Fall zu schätzen wissen. Mmh, vielleicht bei den Zwergen des Bonsai-Clans."

Môrveril, Torwache: "Gestern Nacht ist hier niemand durchgekommen."

Eäradriendel, Schülerin von Cassandra Merlion: "Ich hatte ja keine Ahnung, dass sie so mächtige Magie wirken kann. Beeindruckend, wirklich. Das muss ich unbedingt lernen! Ich werde mich sofort auf die Suche nach ihr machen."

Calaradë, Verwalterin: "Ich kann dazu nichts sagen. Kann ich jetzt gehen? Sie sehen doch, dass hier die Hölle los ist. Die eine Hälfte will Cassandra suchen, die andere läuft aus Furcht davon. Wenn das so weitergeht, wird hier bald niemand mehr sein."


Allgemeine Welt

Von der Streitkultur der Sidininer

von Chiseward, Freiherr von Keksberg

Die Diskussion, seit langem das groesste Uebel aller friedlebenden Hochvoelker, ist etwas das mich schon lange beschaeftigt. Durch Zufall hat mich meine, nun schon Jahre andauernde, Reise ueber den Weltenteller zu einem Kulturvolk gebracht, das eine lange gehegte Neugier befriedigte. Ich war schon lange bevor ich von Xanderia aufbrach davon ueberzeugt, dass bei Streitereien und Diskussionen es niemals bedeutend ist wer im Recht ist, sondern ausschliesslich wer sich ausdauernder und schlagfertig genug erweist. Wie wuerde, so habe ich mich gefragt, eine Diskussion verlaufen wenn sich nicht nur beide Parteien im Streite sich dieser Tatsache bewusst waeren sondern sie dies auch offen zugaeben und sich so gaenzlich dem Streit widmen koennten, ohne die Kraefte auf die zu grunde liegende Sache zu verschwenden und sich mit verzehrenden Eroerterungen aufzuhalten. Die Antwort darauf gaben mir die Sidlaender, auf der Suedweltinsel Isess.

Diese Insel, gaenzlich im Sueden der sogenannten neunten Welt gelegen, wird heute gaenzlich von Goblyns beherrscht. Im Westen leben die etwas kleineren und wenig behaarten Evolutionsverweigerer *1) und im Osten die nicht ganz so kleinen und zum Teil bepelzten Sidlaender. Wurden die Sidlaender einst von den Anfuehrern ihrer adligsten Staemme beherrscht sind heute die Anhaenger des Schattens (eine finstere Religion die das Licht verachtet und die die Apogese nur in der Jenseitigkeit des Schlafs findet) beherrscht.

Inmitten dieser Mischung aus unterdrueckter traditioneller Kultur und alltagsbestimmenden Dogmen wurde ich Zeuge eines sonderbaren Ereignisses. Ein Goblyn erschien am hoechsten Fenster eines grossen Gasthauses, das an den grossen Hafenplatz angrenzte, und begann Lautstark eine mehr als fragwuerdige Rede:

"Ich, Langohriel der letzte der aller Elfen, lade Euch hiermit zu einem grossen Feste ein. Mein Herr der ehrenwerte Surrki Waldmaut wird in zwoelf Tagen heiraten! Und zwar einen gefederten Octopus aus der See vor Tirawon. Es mag dem einen oder es mag dem anderen ungebuehrlich erscheinen, dass ein so hoher Mann einen Fisch aus dem Meer zur Frau nimmt, doch ich bitte Euch dennoch alle zu erscheinen und von Angelhaken als Gastgeschenk abzusehen. Ein jeder ist Willkommen, und wer nicht kommt der wird sich in einen Knolch verwandeln. Die Maegde melken schon heute das Bier aus Wieseln damit es fuer alle reicht. Nur einer braucht nicht kommen; das ist Abt Rusko. Denn er hat sich eingeschlossen und weint weil er von Brethlor, dem ausgezeichnetsten Koch der Evolutionsverweigerer, als Esel bezeichnet wurde. Das ist auch der Grund warum Gnalon verrueckt geworden ist, er konnte ist nicht ertragen dass sein liebster Esel...."

Dann verstummte er, scheinbar hatte er bemerkt dass Gardisten des Schattens auf ihn aufmerksam wurden und auf das Haus von dem er sprach zueilten. Fuer mich erschien die Rede mehr als Sinnlos, doch die Menge auf dem Platz die sich dem Redner fast restlos zugewandt hatte, folgte dem Schauspiel und gespannt. Vereinzelt jubelten Goblyns und stiessen Bravorufe hervor, jedoch nur wenn sie sich vorher versichert hatten dass kein Schattendiener in ihrer Naehe war.

Ich fragte die Anwesenden, ob sie mir sagen koennten was es mit dem Geschehnis auf sich habe, doch niemand war bereit mit mir zu reden und die meissten gaben vor es selber nicht zu wissen. Nur ein aelterer Sidlaender versprach, mir alles zu erzaehlen wenn ich ihm helfen wuerde den Wagen mit seinen "Einkaeufen" zu seiner Huette zu bringen. Und da der Wagen fuer einen Goblin gemacht worden war, hatte ich nicht im geringsten Probleme den Wagen durch die ganze Stadt zu ziehen, waehrend der Alte die meiste Zeit sogar noch oben drauf sass. Und als wir bei ihm zu Hause waren, machte er sein Versprechen wahr und erklaerte mir wovon der Goblyn geredet hatte:

Lange bevor der Schatten ueber Isess fiel hatte sich eine besondere Streitkultur in Sidinin entwickelt, die damit begann dass jeder Goblyn, der etwas auf sich hielt, sich gestritten hat und es zur Mode wurde sich wegen irgendetwas auf den Kopf zu hauen. Zuerst stritten sich die Goblyns um ihr Vieh und ihre Weiber und ihren Schnapps. Erst wurde diskutiert und dann wurde gepruegelt, getreten, mit Steinen geworfen und noch sovieles mehr dass jede Aufzaehlung der Vielfalt etwas schuldig bliebe. Einmal hatte Hirschtreter, so hiess mein Gastgeber, sich mit einem anderen jungen Goblyn um ein anwesendes Maedchen gezankt und darueber diskutiert wer dem Fraeulein am meisten zu bieten habe. Als seinem Kontrahenten die Argumente ausgingen biss dieser ihm so kraeftig in den Oberarm, dass es es Hirschtreter nicht moeglich war ihn abzuschuetteln, weshalb er reagierte um nun seinerseits seinen Gegner in den Arm zu beissen. Und als nach einiger Zeit klar wurde, dass der der zuerst seinen Biss lockerte, der Verlierer des Streits sein und leer ausgehen wuerde, verzahnten sich die beiden um so vehementer ineinander. Und als schliesslich nach endlosem Ringen der andere keine Kraft mehr hatte und von dem Arm ab liess, musste Hirschtreter bemerken dass die Sonne schon schien und sie die ganze Nacht verbissen dagesessen hatten und das Maedchen schon lange heim gegangen war. Zwei Abende darauf war sie jedoch wieder zugegen und die beiden bissen sich erneut in den Arm. Doch das Streiten wurde bald so beliebt, dass das Vieh und die Weiber und der Schnapps um die gestritten wurde, bald in den Hintergrund rueckte und die Gruende der Streitereien immer nichtiger wurden. Da wurde dann etwas behauptet, was so gar nicht stimmen mochte und jemand anderes fuehlte sich dann genoetigt darauf zu antworten und zu widersprechen. Diese Behauptung, nannte man den "Zanksatz" und wurde immer mehr der Mittelpunkt der regelmaessigen Streitabende.

Doch wie jede Mode gingen auch die Streitereien vorbei, hauptsaechlich zugunsten des neuen Trends Kopfspruenge von hohen Baeumen zu begehen. Und es wurde schliesslich nicht mehr so fleissig und irgendwann beinahe gar nicht mehr gestritten, doch der Zanksatz blieb immer Teil der Sidininischen Kultur. Seit dieser Zeit war es Brauch, wichtige Auseinandersetzungen mit einer so offensichtlich unwahren Behauptung zu beginnen, dass jeder den Zanksatz als solchen erkannte und sich auf die Diskussion einstellen konnte.

So hat beispielsweise Gnalon Babbeldash, der Anfuehrer der Sidininer wurde indem er seinen Vorgaenger mit der Gaensekeule erschlug, diesen Zweikampf ueberhaupt nur bestreiten koennen, nachdem er den bisherigen Amtsinhaber beschuldigte er habe die oeffentlichen Goldreserven durch Kartoffelsalat ersetzt und dafuer benutzt sich einen Teppich aus Zwergenbart zu kaufen. Die Tatsache dass es niemals oeffentliche Goldreserven gab, hat weder den Herausgeforderten gestoert, noch die Einwohner Sidlands die Babbeldash fortan als neuen Herrscher akzeptierten und liebten.

Spaeter wurden Zanksaetze auch benutzt, um Stellungsnahmen von anderen Goblyns oeffentlich einzufordern. Wenn zum Beispiel jemand einem die bezahlte Ziege schuldig blieb so gab man oeffentlich kund, dass der Betreffende die Ziege nur nicht rausgebe, weil er sie so schlecht von seinem Weib unterscheiden koenne. Und wenn man seinen Nachbarn verdaechtigte einen bestohlen zu haben (was bei Goblyns untereinander wohl haeufiger vorkommt, und nicht so eng gesehen wird) und sich bei ihm umschauen wollte, dann behauptete man es wuerde eine Familie sprechender Ambosse in seinem Keller leben und Schmaehlieder auf Bialbog singen.

Und aus eben diesem Geiste war die Rede geboren, die ich zuvor auf dem Hafenplatz gehoert hatte. Zwar hatte die Schattenreligion die Zanksaetze verboten (nach Auffassung der Schattendiener liegt die Wahrheitsfindung ausschliesslich beim Schatten und nicht in alten Goblyntraditionen), aber gerade auf Ost-Isess gewinnt der alte Lebensstil im verborgenen immer mehr Anhaenger zurueck.

Surrk Waldmaut, aeltester Sohn von Trunch Waldmaut dem Oberhaupt der Waldmauts, steht tatsaechlich kurz vor einer Hochzeit und die Behauptung die Braut sei ein Octopus fordert Surrk auf, mehr ueber seine geheimnisvolle Braut zu enthuellen. Denn die junge Dame sei weder von adligem Geschlecht, noch mehr als einer handvoll Sidlaendern bekannt und viel Raetselraten und Getuschel sei schon ihrethalber geschehen.

Gleichzeitig wird ein Vertreter Abt Ruskos, dem hoechster Wuerdentraeger der Bruderschaft des Fausts und (wie mir Hirschtreter versicherte) der wahre Anfuehrer des ganzen Schattenbundes *2) aufgefordert, sich zu der Abwesenheit des Abtes zu aeussern. Geruechten zufolge habe er sich seit mehrere Wochen eingeschlossen um zu meditieren. Und zu oeffentlichen Anlaessen, war er schon lange nicht mehr aufgetaucht.

Der letzte Satz galt scheinber dem ehemaligen Anfuehrer Gnalon Babbeldash, der von den Vollstreckern des Schattens verhaftet und in ein Sanatorium gesperrt wurde. Da er dort keinen Besuch empfangen darf, ausser von Adepten des Schattens, ist niemanden bekannt was der Grund fuer diese Massnahme war. Auch mit diesem Zanksatz sollte wohl jemand aufgefordert sich dazu zu aeussern.

Auch wenn es nicht wahrscheinlich ist dass die offiziellen des Schattens auf diese Rede reagieren, schloss Hirschtreter seine Ausfuehrung, zeigen diese erneuten Zanksaetze dass es mit der Goblynkultur trotz des Schattens noch nicht zuende ist und der Widerstand waechst.

Im Anschluss lud mich Hirschtreter noch ein bei ihm etwas zu verweilen. Doch das Handelsschiff das mich nach Galomor mitnimmt sollte schon am naechsten Morgen recht zeitig ablegen, und deshalb bedankte ich mich fuer die Gastfreundschaft und begab mich, um einiges Wissen um die Sidlaendische Kultur reicher, zu meiner Herberge.

  • 1)

Woher diese Bezeichnung stammt ist mir nicht bekannt. Meine erste Vermutung es handle sich um einen hoehnischen Ausdruck der Sidlaender ist insoweit nicht schluessig, dass keine andere Bezeichnung fuer die Westgoblins bekannt ist und diese sich auch selbst als 'Evolutionsverweigerer' bezeichnen.

  • 2)

Eine nicht gaenzlich unbedeutende Macht in der Suedwelt, die nicht offiziell besteht sondern nur auf geheimen Absprachen der Anfuehrer fusst. Aussenstehende bezeichnen sie oft schlicht als "Der Schatten".